Im Regen – Die Hochzeit
James Morrison – Please Don’t Stop The Rain
Heute ist es endlich soweit. Cayden und ich werden uns nach allem, was wir durchgemacht haben, endlich das Ja-Wort geben. Wir haben beide nicht viel Familie, daher wird es eine kleine Hochzeit. Wir feiern in den Hamptons, wo alles zu einem guten Ende gekommen ist, nach so viel Trauer und Chaos. Die Millers haben uns ihren Garten angeboten, um sich bei uns für die Unterkunft zu bedanken, nachdem im Sturm ein Baum auf ihr Haus gefallen war. Mittlerweile ist wieder alles repariert und ihr herrlicher Garten mit Blick auf das Meer ist mit rosa Pompons und Lichterketten dekoriert.
Evelyn ist natürlich meine Trauzeugin, genauso wie Marko Caydens Trauzeuge ist. Evelyn hat sich bei meinem Junggesellinnenabschied selbst übertroffen. Ich weiß nicht, wie lange sie daran geplant hat, aber es müssen Jahre gewesen sein. Ich sage nur pinkes Einhorn.
Als Evelyn mir den Blumenkranz aufsetzt, an dem ein kleiner Schleier meine in leichten Wellen fallenden Haare bedeckt, werfe ich einen letzten Blick in den Spiegel. Mein elfenbeinfarbenes Kleid sitzt, als wäre es mir auf den Leib geschneidert worden. Oben herum hat es viel Spitze, lässt meine Arme aber frei und unten herum fällt ein Satinrock über meine Beine bis zum Boden. In meinem Gesicht ist soviel Make-up, wie in meinem gesamten bisherigen Leben zusammengerechnet nicht. Aber es sieht toll aus. Evelyn hat darauf bestanden, dass ich mir einen Hair- und Make-up Artist nehme, der mich zurecht macht. Und ich muss sagen, dass es sich wirklich gelohnt hat. Cayden werden die Augen rausfallen, wenn er mich sieht. Das zu wissen, lässt mein Lächeln, mit dem ich bereits heute früh aufgewacht bin, noch weiter aufblühen.
Evelyn hat mir Ohrringe geliehen, kleine Blüten. Ich trage ein blaues Strumpfband und von meiner Mutter habe ich ein Erbstück ihrer Mutter bekommen, das jetzt um mein Handgelenk liegt und glitzert. Ein Klopfen lässt mein Herz auf einmal schneller schlagen.
„Kann`s los gehen?“ Mein Vater streckt vorsichtig den Kopf durch die Tür und ich nicke ihm zu. Er wird mich zum Blumenbogen führen. Denn wir haben uns für eine freie Trauung unter dem Himmelszelt entschieden. Evelyn gibt mir ein Küsschen auf die Wange und geht dann vor, um mich anzukündigen.
„Du siehst so wunderschön aus und so erwachsen.“ Ich glaube, ich kann eine Träne im Auge meines Vaters erkennen.
„Dad, wenn du jetzt schon anfängst zu weinen, dann muss ich mitweinen und dann war das ganze Make-up umsonst.“
„Schon gut, schon gut.“ Ich nehme mir meinen Brautstrauß mit rosa Dahlien und Rosen, während ich mich bei meinem Vater unterhake.
Als ich den Gang zwischen den weißen Klappstühlen betrete, setzt Musik ein und ich werde doch nervös.
Meine Eltern sind jeweils mit ihren neuen Partnern da. Von Cayden ist niemand aus der Familie anwesend. Pauline sitzt mit der kleinen Leonie, die in einem süßen rosa Kleidchen steckt, in der ersten Reihe. Die Kleine macht bereits ihre ersten eigenen Schritte. Sie ist so schnell groß geworden, seit ich sie das letzte Mal gesehen habe. Marko als der stolze Papa daneben. Wir haben auch Diego mit seiner Familie eingeladen. Er wird demnächst die Schule abschließen. Meine Verlegerin gehört auch zu den Gästen. Sie freut sich auf die Fortsetzung von Caydens und meiner Geschichte ‚Im Regen so fern‘, die ich beschlossen habe zu schreiben.
Unter dem Blumenverzierten Pavillon erwartet mich Cayden in einem klassischen schwarzen Anzug. Er sieht verdammt gut aus und grinst mich glücklich an. Ich vergesse alle anderen um mich herum und sehe nur ihn. Es kommt mir immer noch so unwirklich vor, dass wir nun an diesem Punkt in unserem Leben sind. Mein Vater legt meine Hand in Caydens und setzt sich dann zu seiner Frau. Evelyn übernimmt meinen Brautstrauß und ich gebe meinem Zukünftigen auch meine andere Hand. Ich bemerke, dass sie leicht zittern und, dass auch er nervös ist. Als ich in seine blauen Augen blicke, kann ich nicht glauben, dass wir hier stehen und uns für immer Liebe schwören. Ich wünschte Melanie würde das sehen. Sanft streiche ich mit meinem Daumen über seinen, um ihn wissen zu lassen, dass seine Aufregung unnötig ist.
„Ich werde nirgendwo hingehen“, flüstere ich ihm zu.
„Ich weiß, aber du siehst so verdammt gut aus, dass ich mein Glück kaum fassen kann.“ Ich hoffe, ich werde nicht rot.
„Wir haben uns heute hier versammelt, um miterleben zu dürfen, wie aus zwei Verliebten ein Ehepaar wird. Vivien und Cayden haben schon viel zusammen erlebt und sie haben mir erzählt, dass eine lange Zeit vergangen ist, bis sie sich endlich wieder gefunden haben und dass es zuerst gar nicht nach einem Happy End für die beiden aussah.“ Wir haben wirklich viel durchgemacht. Doch nun können wir ein neues Kapitel beginnen und alles andere hinter uns lassen.
Ein dicker Regentropfen fällt zwischen uns zu Boden. Ich gucke erst gen Himmel und dann zu Cayden, der dasselbe denkt, wie ich und anfängt zu schmunzeln. Der Regen gehört zu uns, wie unsere inneren Narben.
Trotzdem wäre es mir lieb, er würde heute nicht dabei sein und die Sonne strahlen lassen. Als weitere Tropfen folgen, halten Evelyn und Marko weiße Regenschirme über uns. Und auch unsere Gäste spannen die weißen Schirme auf, die wir vorsorglich verteilt haben. Heute werden wir nicht nass, heute sind wir ihm einen Schritt voraus. Innerhalb weniger Sekunden ist aus einem einzigen Tropfen ein ganzes Orchester geworden. Das leise zarte Trommeln auf die Regenschirme ergibt einen gleichmäßigen Rhythmus.
Der Redner macht weiter und als wir uns die Ringe anstecken sollen, wird es real, dass Cayden und ich die Zukunft für immer zusammen verbringen werden.
„Ich liebe dich Vivien Hausmann, das habe ich immer getan. Willst du mich zu deinem Ehemann nehmen und von nun an in guten, wie in schlechten Wetterverhältnissen zusammenstehen?“ Ich muss lächeln über seine Wortwahl.
„Ich liebe dich auch, Cayden Evans. Ja, ich will.“ Ich strecke ihm meine Hand entgegen und kann es kaum erwarten, dass er mir einen Ring ansteckt. Das hatte er schon mal vor, damals war es allerdings ein Ring aus dem Kaugummiautomaten und eine Kurzschlussreaktion auf meine Trennung von ihm. Heute ist das so lange her, als wäre es aus einem anderen Leben. Ich stecke auch ihm einen Ring an. Jetzt tragen wir beide das Symbol unserer Vereinigung am Finger. Unser Kuss wird begleitet durch Jubelrufe unserer Freunde und Familie.
Die Liebe fällt dahin, wo sie hinfallen will, genau, wie der Regen, der sich nun leise verabschiedet, als möge er uns alles Gute für die Zukunft wünschen, in der die Sonne immer für uns scheinen mag.